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TEXTE - Lalo Srkalovic

von der Quelle bis zur Mündung

Landschaften ohne Fluss leiden an Anämie. Auch am Mangel der Poesie, und am Mangel der Musik.
Erst durch die Ankunft des Flusses entsteht die Harmonie. Sowohl in der Natur als auch im Menschen.
Der große bosnische Dichter Mak Dizdar warnte rechtzeitig: „Valja nam preko rijeke!“ was etwa bedeutet „Wir sollen über den Fluss!“

 

Diesen mehrdeutigen Ausdruck  - „valja“ - hat der Dichter nicht wortwörtlich gemeint, dass etwas für uns gut oder nicht gut ist, dass auf der anderen Seite des Flusses auf uns das Gute und die Sicherheit warten, sondern, dass uns dieses – „valja“ - sagen will: Alle Zweifel sind beseitigt, alle Ungewissheiten beendet und nur der Entschluss zur Überquerung des Flusses steht fest, damit wir  in dem Abenteuer, in dem Ungewissen, in der neuen Chance, "jenseits des Flusses," nach Antworten suchen auf die Fragen, die in uns die treibende Unruhe wecken, das GEHEIMNIS zu entdecken.

Und bis zur Entdeckung des Geheimnisses begleitet uns die Begeisterung, die durch den Fluss hervorgerufen wird, dieses Wasser, das nicht nur Menge ist, sondern oft die Korrektur der menschlichen Sensibilität bedeutet.

Dichter, Maler, Künstler und andere neugierige Kinder, liefern keine fertigen Antworten, sie stellen einfach Fragen und versuchen, das Geheimnis zu entdecken. Und dann überlassen sie es uns – wenn sie uns auf ihre Spuren gebracht haben - selbst zu versuchen die Antworten auf die ewigen Fragen zu finden, allein in uns selbst das Geheimnis zu entdecken. Daher ist diese Begeisterung für Wasser nicht überraschend, Künstler sehen das Wasser nicht als chemische Verbindung zweier Elemente, denn der Fluss, das Wasser ist imstande uns in die Vergangenheit  zu versetzen, ins Abenteuer und Ungewissheit zu führen, es kann uns Ruhe und Frieden geben, und zur gleichen Zeit die erschreckende Kraft der Natur zeigen.

Kein Wunder, dass auch der fünfjährige Junge Lalo Srkalović  vom Fluss Drina so fasziniert war, nach seiner früheren Erfahrungen mit zwei Flüssen, Usor und Bosna, welche – wir geben zu – Flüsse sind, denen die Monotonie nicht fremd ist, ist die Begegnung mit Drina die Entdeckung einer neuen Welt.

 

Ein Fluss, der etwas besitzt, das man Individualität nennen kann, der Fluss,  der im  Unterschied  zu den anderen sogar aus zwei Flüssen entsteht,  aus Piva und Tara, der Fluss, der nicht zu seiner Mündung, ruhig und geradeaus fließt, sondern um Hindernisse und Fallen zu meiden, welche ihm die Berge stellen, auf seinem Weg unzählige Kurven macht, als Metapher * und als Grenze zwischen zwei Staaten und zwei Mentalitäten dient, der Fluss, der zusammen mit den umliegenden Bergen ein natürliches Gleichgewicht und Harmonie schafft.

 

Tagelang saß der Junge Lalo Srkalović   am Fenster seines Hauses in Gorazde und saugte mit großen Augen das üppige Spiel des lebhaften Wassers in sich auf, das zu ihm, in die Reichweite seiner Hände floss.

 

Und als er zum Fluss, hinunter zu seinem Ufer stieg, um ihn in seinen Adern, mit allen seinen Sinnen zu spüren, wurde Drina, wie er selbst sagt, anders, interessanter, er beobachtete, wie dieses verspielte Wasser die Farbe der Umgebung annahm, wie diese Farbe sich durch den Wechsel des Lichtes und durch die Dynamik der Wellenbewegung veränderte.

 

Und die Natur ist seltsam, - sie erschafft den Fluss,  der nur das bloße Wasser ist, das fließt und dann macht  sie uns Freude mit diesem Fluss, der einen verführt so dass diese Liebe immer fort dauert, ohne Unterbrechung.  

 

Das Gleiche macht die Natur mit Menschen, sie wählt jene Privilegierten aus, beschenkt sie mit allem, was auch die anderen bekommen und gibt ihnen noch eine Zugabe dazu, jene künstlerische Sensibilität welche der subtilen Verbindung zwischen Natur und  Mensch durch die Schaffung von Bildern, Poesie oder Musik, den vollen Sinn gibt.

 

Und was soll man von der Begegnung des Flusses - der nicht nur das Wasser ist - mit einem Jungen, der mit dieser künstlerischen Sensibilität zur Welt gekommen ist, erwarten? Die Antwort erfordert nicht viel Intelligenz, es genügt die Bilder, die dieser Junge gemacht hat, sowie Bilder, welche er heute als reifer Künstler Lalo Srkalovic malt, anzuschauen.

 

In diesen Bildern, dominiert natürlich die Begeisterung für das  Wasser, für den Fluss, der aus fernen, geheimnisvollen Quellen entsprießt, um irgendwohin weit weg,  ins Unbekannte zu fließen, indem er uns dazu zwingt über die ferne, unbekannte Welt nachzudenken,  die gleich nach der Mündung, oder knapp  auf der gegenüberliegenden  Seite des Flusses, sein kann, aber der auch immer die Chance für die Vielfallt bedeuten könnte.

 

Das Wasser wirkt durch seine ständigen Veränderungen, durch die Vielfalt seiner Strömungsdynamik, durch wechselnde Formen und Farben, auch auf die Emotionen des Künstlers, seine künstlerische Handschrift und entsprechende koloristische Transposition auf den Malgrund.

 

Sicher in seiner zuverlässigen Verbindung, die in der frühen Jugend entstanden ist, befreit Srkalovic seine Phantasie zur Gänze, er schafft die Harmonie im Chaos des Daseins. Für ihn hat Kunst nicht nur die Rolle der Verwirklichung der Ideale von ästhetischer Perfektion, er definiert, durch die Poetik der Erinnerung im aufdeckenden künstlerischen Ausdruck, seine menschliche und künstlerische Identität.

 

                                                                                                

Seine Bilder spiegeln die beeindruckende Kraft der Bewegung, den Farben-Rhythmus, den Zusammenstoß der Malfläche  mit einer breiten Palette von reinen und warmen Tönen.

Der Maler beobachtet den Gegenstand seines Interesses nicht nur an der Oberfläche, er steigt ins Wasser hinein wie der Junge damals, aber diesmal verrät er die Geheimnisse der Farben und der Tiefe des Strudels, er bereichert  unsere erlebte Erfahrung mit symbolischen Details, er führt uns unter die Oberfläche des Sichtbaren, enthüllt eine neue Welt, die er nicht beschreibt und abbildet, sondern er gibt uns durch Elemente seiner lyrischen und assoziativen Abstraktion die Chance, ihn möglichst schmerzfrei in das geistige Abenteuer zu begleiten.

Bilder von Srkalović retten unsere intimen Bilder von der Vergessenheit durch ihre überzeugende rationale Bestimmung,  von denen wir geglaubt haben, dass sie in unserem Bewusstsein in unserer Erinnerung  vergessen wurden. Erst wenn der Beobachter diese eigenen Bilder vergleicht , die Bestandteil seiner persönlichen Individualität sind, und mit diesen Bildern, denen  er zum ersten Mal begegnet und ohne jegliche Frustrationen unbelastet in den Dialog mit ihnen tritt, mit ihnen emotionalen und intellektuellen Kontakt herstellt, kann er sicher sein, dass er in Berührung mit wahren Kunst gekommen ist und nicht mit der Imitation oder reinem Dekor.   

 

 

Ibro Mulaomerovic


Konkretes Bild

Schon länger sind meine Gedanken mit dem Bild beschäftigt, nicht wie mit einer Illusion, sondern einem Bild dass nichts imitiert, nichts herzeigt – sondern hinweist, einem Bild wie einem Wesen, um seiner selbst Willen erschaffen, einem Bild unter welchem man schlicht schreiben kann – Das Bild. Bild wie ein Bild, ein Bild eines Bildes, also – konkretes Bild. 

 

Meine abstrakte Malerei liegt irgendwo zwischen der Spontaneität der dynamischen, expressionistischen Bewegung und ästhetischer Reihe unter kompositorischen Elementen der klassischen Malerei. Auf einer Seite resultiert dies mit einer Einzigartigkeit des Bildes als Ganzes, dem Gleichgewicht und Einklang der kompositorischen Elemente, und auf der anderen Seite mit der Dynamik, dem Ereignis, der Atmosphäre und Wirkung der Farbe.


Eine abstrakte Ganzheit kann eine aussagekräftige bildnerische Sinnesanregung hervorrufen. Diese visuelle Anregung ist ein Produkt der Einteilung, der Intensität und Wirkung der Bildelemente. In einem Prozess des Schaffens tritt manchmal Spontaneität, Sensibilität und innere Unruhe in den Vordergrund – emotionelle Note. Ein anderes Mal ist alles rationelles, durchdachtes und errechnetes Komponieren für eine bereits vorbestimmte visuelle Wirkung des Bildes. Wenn ich im Vornherein keine konkrete Idee habe, beginne ich das Bild als ein Spiel mit der Farbe, der Struktur, den Kontrasten…

 

Meine Vorstellung von einem abstrakten Bild liegt darin dass ich es als ein reales Ding betrachte (ohne einen literarischen Motiv und beschreibenden Elementen). Ich würde es nicht als abstraktes sondern als konkretes Bild bezeichnen. Das Wesen eines solchen Bildes (welches nichts anderes darstellt als sich selbst – könnte man mit einer musikalischen Komposition vergleichen), entstammt dem schaffenden Akt des Bewusstseins (und Unterbewusstseins) des Künstlers, welches eine vorbestimmende Rolle in der Erschaffung des Bildes einnimmt. Wenn es zwischen dem Betrachter und dem Bild, auf Grund von unmittelbarer Visualität (die Emotion des Betrachters inbegriffen) zu einer gegenseitigen Verständigung kommt, bildet sich das Bild als zwischenpersönliches Objekt dessen Grundwesen durch die Leinwand und Menge der sensiblen Betrachter geformt wird. Dann beginnt ein besonderer Prozess – Prozess des Lebens eines Bildes.

 

Dem Betrachter bleibt es oft überlassen das konkrete Bild selber im Auge zu vollenden, oder es mit dem erwünschten Inhalt zu füllen. Es ist zugleich das beste Beispiel für eine Verbindung zwischen dem Künstler und Betrachter. In dessen Wesen befindet sich ein Teil vom Künstler – seine Gedanken, Wissen, Erfahrungen der Hand und des Auges, seine Emotionen, Unruhen, Gemütszustände – des Künstlers Bewusstsein und Unterbewusstsein.

 

                                                                                                  Lalo Srkalovic

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